Fachbegriffe


Bei der Beratung mit dem Sachverständigen über seine Leistung und Ihr Anwesen tauchen einige Fachbegriffe auf, ohne die es gelegentlich nicht geht. Es hilft Ihnen beim Verständnis des Gutachtens, wenn Sie einige davon kennen, und wenn Sie die vorausblickende Analytik eines (guten) Sachverständigen ersehen.

 

Auf diesen Seiten wird auch mit umrissen, wie unterschiedliche Bewertungsmodelle zu handhaben sind, und wie Bewertungsdaten abgeleitet und sachgerecht angewandt werden.

 

Verkehrswert

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

§ 194 BauBG: der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.

Die Ermittlung bezieht sich auf einen Stichtag, und ist der "Wert für Jedermann". Es werden somit z.B. spezielle nachbarschaftliche oder besondere familiäre Interessen nicht berücksichtigt. Für einen Nachbarn wäre der Wert z.B. wesentlich größer, wenn er sein - bisher evtl. ungünstig geschnittenes - Grundstück strategisch gut arrondieren kann ...

 

 

Abnutzung von Gebäuden und von Gebäudebauteilen

 

(materielle und immaterielle Abnutzung)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Neben der materiellen "normalen" Abnutzung durch Verschleiß, Witterung, Alterung, etc. sind auch Bauwerke einer "immateriellen" Abnutzung unterworfen. Hier bestimmt nicht das Materialversagen letztlich den Zeitpunkt der nötigen Erneuerung, sondern veränderte Ansprüche / Geschmäcker, ästhetische Gründe, Moden (!), etc. verursachen den möglicherweise sehr frühen Zeitpunkt eines Ersatzes von einzelnen Bauteilen bis hin zu ganzen Gebäuden, obwohl der rein technische Abnutzungsvorrat des Objekts, also dessen übliche Haltbarkeit, noch längst nicht aufgebraucht wäre. Die immaterielle Abnutzung kann bei seinerzeit betont modischen Objekten, oder bei unpraktischen, ungünstigen Grundrissen erheblich sein.

Bei gebrauchten Immobilien spielt es zwischenzeitlich zunehmend eine Rolle, ob sie auf Grund ihrer Geometrie leicht zu modernisieren sind. Schwierige Geometrien (z.B. nach innen gezogene Loggien, spielerische Vor- u. Rücksprünge, gebrochene Giebel, etc.) begünstigen u.U. die immaterielle Abnutzung

 

 

Immissionen und

deren Beseitigung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zweifellos sind unangenehme Beeinträchtigungen von außen, Gerüche, Verkehrslärm, Werkstattgeräusche, etc., im Regelfall wertmindern. Es gibt aber paradoxe  Fälle (für Gewerbegrundstücke), wo gerade das im Regelfall (besonders von Wohn-Anliegern) heiß ersehnte Aufstellen einer Lärmschutzwand langfristig zu Problemen führt:

 

"Geräuschimmissionen werden durch den starken Straßenverkehr auf der direkt vorbeilaufenden Bundesstraße, und durch den Zugverkehr auf der dazu parallelen Bahnlinie verursacht.

Seitens der Stadt ist hier inzwischen eine Lärmschutzwand im Bau, die dann für mehr Ruhe sorgen wird."

 

Prima, denkt man, nun steigt der Verkehrswert !

 

"Die - rein gewerbliche - Nutzung des zu bewertenden Grundstücks wird durch die Immissionen aus dem Straßen- und Schienenverkehr nicht tangiert (man macht ja selber etwas Krach).

Nach Bau der Lärmschutzwand wird indes eine für das Bewertungsobjekt möglicherweise problematische Entwicklung in diesem Bereich (Mischgebiet gemäß einem alten Flächen-Nutzungsplan), begünstigt, weil die Geräusche aus dem Gewerbebetrieb jetzt nicht mehr wie bisher recht unauffällig im vorhandenen Hintergrundgeräusch untergehen, und weil die umliegende Nachbarschaft (1-2 Fam. Häuser mit Gärten) jetzt erfahrungsgemäß viel sensibler wird, wenn die bisherigen Straßen-Hintergrundgeräusche ausgeblendet sind ..."

 

Plötzlich erscheint nun der Gewerbebetrieb als DER Störer und Krachmacher ! Wenn Sie nun die Produktion auf Ihrem schönen großen Grundstück erweitern wollen, was passiert dann seitens der Nachbarschaft? Erhöht eine Lärmschutzwand also immer den Verkehrswert ?

 

 

Das Verhältnis der Herstellungs-Kosten bzw.
Bau-Kosten zum

Verkehrs-Wert des Baus

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Viele Eigentümer haben in der Buchhaltung alle Belege und Rechnungen über Kosten parat, und erwarten, daß daraus schnell und einfach der Wert ihres Gebäudes abgeleitet werden soll. Diese Angaben über Kosten sind hilfreich, die Verkehrswertableitung daraus ist aber nicht ganz so direkt möglich! Die Kosten für das teuere Bodenmosaik mit dem Bildnis des Großvaters, das luxuriöse Schwimmbad aus den 60-ern, das individuelle teuere Portal über dem Haupteingang, das kostspielige Spezialfundament gerade für diese eine besondere Fertigungsmaschine, der ausgefallene teuere und aufwändige Wohnungsgrundriß speziell für diese eine individuelle Familiensituation, etc., etc. führen eben nicht direkt und 1:1 zu einem hohen Verkehrswert! Im Gegenteil: es fallen hier möglicherweise Rückbaukosten an ...

Für den Sachverständigen sind die seinerzeitigen Baukosten dennoch nicht uninteressant, sie geben (ergänzend zur Besichtigung) Hinweise auf die Qualität der seinerzeit verbauten Teile.

Allgemein günstig für den Verkehrswert sind nicht spezielle, möglicherweise teuere architektonische Großaufwendungen, sondern eine eher zurückhaltende Neutralität, genügend Flexibilität, eine "Umbaufreundlichkeit" der Baukonstruktion und eine möglichst einfache Anpassbarkeit an sich ändernde Randbedingungen und an sich ändernde Gepflogenheiten.

Am Rande bemerkt: es wirkt sich in dem Zusammenhang ein exklusiv teuerer Architekt auch nicht immer verkehrswerterhöhend auf eine Immobilie aus. Geltend gemachte Architekten-Urheberrechte können empfindlich stören, wenn sich zwischenzeitlich Geschmack, Mode und die Organisation geschäftlicher Abläufe geändert haben, und wenn Sie z.B. aus wirtschaftlichen und geschäftlichen Gründen umbauen müssen ...

 

 

Einholung und Prüfung

von Daten auf Verwendbarkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

Verschiedene (amtliche) Stellen geben zur Verkehrswertermittlung ihre Daten heraus. Sie werden allerdings noch nicht überall im gleichen Verfahren / Modell abgeleitet. Es gibt (noch) kein bundeseinheitliches durchgängiges Rechenmodell, obwohl man sich zwischenzeitlich verbreitet an Sprengnetter orientiert.

Somit sind im Rechenmodell des Sachverständigen leider nicht alle verfügbaren Daten ohne weiteres einsetzbar, weil deren Ableitungs-system meist nicht hinreichend genau mit bekanntgegeben wird.

Siehe "Modellkonformität"

 

 

Flächenberechnung (m2)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine ungeprüfte schnelle Übernahme von m2-Angaben aus Notar- und Mietverträgen, ja sogar aus den Berechnungen für die amtlichen Baugenehmigungen und Tekturen, kann schnell zu Fehlbewertungen führen. Zur Baueingabe beispielsweise spielten seinerzeit besondere Motivationen und diverse spezielle Berechnungsvorschriften und Erleichterungen eine Rolle (z.B. für steuerlich u. staatlich geförderten Wohnungsbau), die in einem Verkehrswertgutachten fehl am Platz sind.

Fazit: vorhandene Berechnungen und Pläne müssen kontrolliert und berichtigt werden

 

 

Kubaturberechnung, Umbauter Raum, Bruttorauminhalt

BRI (m3)

 

 

Hier gilt das gleiche wie für die  Flächenberechnung. Besonders ist hier der zur früheren Baueingabe meist verbreitete Ansatz "Kubatur des Dachgeschoßes zählt nur zu 1/3" im entsprechenden Modell der Verkehrswertermittlung nicht brauchbar

 

 

Faktor (BRI / m2) aus Kubatur (BRI) pro Fläche (m2)

 

 

 

 

 

 

 

Durch die neuen Bewertungsrichtlinien und die NKH 2010 ist eine sehr hilfreiche und sehr aussagekräftige Kontrollzahl (m3-BRI pro m2-Wohnfläche) aus den Gutachten praktisch verschwunden. Ich ermittle sie jedoch weiterhin und vergleiche sie mit dem "Normgebäude", da dieser Quotient einen hervorragenden Eindruck von Geometrie und Wirtschaftlichkeit des Bauwerks vermittelt: wieviel m3-BRI wurden pro m2-Nutzfläche verbaut? Dies hat nicht unerheblichen Einfluß auf Beliebtheit und Wirtschaftlichkeit und somit auf den Wert des Hauses !

 

 

Modellkonformität

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die zur Verkehrswertermittlung erforderlichen Daten werden jeweils in einem bestimmten Rechenmodell abgeleitet und dann in der entsprechenden Fachliteratur publiziert. Es gibt hier verschiedene Modelle, die im Laufe der Jahre entwickelt und verfeinert wurden.

Ein sachgerechter Einsatz dieser Daten zur Verkehrswertermittlung erfordert zwingend, sie jeweils nur in ihrem ureigenen zugehörigen Rechenmodell zu verwenden. Das unreflektierte Mixen oder Addieren von Daten aus unterschiedlichen Informationsquellen führt zu (groben) Fehlbewertungen

 

 

Restnutzungsdauer

 

 

 

 

 

 

Die wirtschaftliche Nutzungsdauer wird einerseits unter Berücksichtigung und Wertung der am Stichtag vorhandenen relevanten Modernisierungen und Gebäudeverjüngungen ermittelt (Zustand des Objekts). Andererseits unter Einbeziehung der zu erwartenden Entwicklungen und Entwicklungsgeschwindigkeiten der Region ("Zustand der Region")

 

 

Baujahr, fiktives Baujahr

 

 

 

 

 

Das fiktive Baujahr eines Gebäudes wird ermittelt durch sachgemäße Berücksichtigung von Investitionen, die das Gebäude in relevanter Weise so modernisiert und verjüngt haben, daß dabei die wirtschaftliche Restnutzungsdauer verlängert wurde

 

 

Normalherstellungskosten (NHK)

 

 

 

 

 

Die gewöhnlichen Herstellungskosten des "Normgebäudes" werden aus Tabellen entnommen und sachkundig an das Bewertungsobjekt angepasst. Baujahr, Standard, Größe, Region, Gebäudegeometrie, Renovierungs- bzw. Modernisierungsgrad spielen dabei eine Rolle. Auch hier ist durchgehende Modellkonformität nötig

 

 

Liegenschaftszinssatz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ist eine rein statistisch abgeleitete, objektspezifische Rechengröße im Ertragswertmodell. Er ist also nicht die tatsächliche Rendite des Anwesens, auch wenn ein höherer Liegenschaftszinssatz zu einem geringeren Verkehrswert führt. Je mehr "echte Profis" auf dem Grundstücks-Teilmarkt handeln -z.B. bei Renditeobjekten-, desto höher ist i.d.R. der Liegenschaftszinssatz und der Verkehrswert ist entsprechend niedriger. Bei "Amateur- und Liebhaberobjekten" ist der Liegenschaftszinssatz geringer -z.B. bei Villen und Einfam.Häusern-, und der Verkehrswert ist entsprechend höher

 

 

Marktanpassungsfaktor
(Sachwertfaktor)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ist die dem Liegenschaftszinssatz (aus dem Ertragswertmodell) vergleichbare objektspezifische Rechengröße im Sachwertmodell. Hier spielt das Verhältnis vom Wert des Gebäudes zum Wertniveau des Grundstücks eine Rolle. Vereinfacht: steht die teuere, gehoben gepflegte Villa in einer adäquaten Umgebung  mit entsprechend gehobenem Grundstückswertniveau? Hohe vorläufige Sachwerte auf einem geringen Bodenwertniveau führen zu kleineren Sachwertfaktoren (kleiner 1,0) wogegen geringe vorläufige Sachwerte auf einem relativ hohen Bodenwertniveau zu höheren Sachwertfaktoren führen (können größer 1,0 sein)

 

 

Bewirtschaftungskosten (BWK)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Werden aus einer Vielzahl von Objekten (modellkonform !) abgeleitet. Oft unterscheiden sie sich von den BWK, die vom Verwalter zu einer einzelnen speziellen Immobilie vorgelegt werden. Dennoch sind im Regelfall die Zahlen aus den Tabellen (sachgerecht abgepasst) zu verwenden. Vereinfacht: es kann sein, daß in den letzten Jahren der Verwalter das spezielle Objekt "heruntergefahren" oder verbessert hat. Diese Daten würden dann das Ergebnis entsprechend fälschen und nicht dem unbedingten Grundsatz der Modellkonformität entsprechen: Daten aus verschiedenen Ableitungen nicht miteinander im Rechenmodell zu mischen!

 

 

Besondere objektspezi-fische Umstände und Merkmale

 

 

 

 

"Sonstige wertbeeinflussende Umstände" sind die relevanten wertbeeinflussenden Dinge, die nicht in den Standard-Verfahrensschritten sachgerechte Berücksichtigung finden (Bauschäden, Baumängel, besonderer Erhaltungszustand, besondere Grundrisse und Raumhöhen, baujahresuntypische Besonderheiten, etc.)

 

 

Merkantiler Minderwert

 

 

 

 

 

 

 

 

Kommt bei Immobilien z.B. dann vor, wenn entsprechend gravierende technische Mängel zwar vollständig beseitigt wurden, sich aber im Grundstücksverkehr dennoch eine Gepflogenheit zur Wertminderung abzeichnet (z.B. bei Schimmel- oder Schwammbefall der Verdacht auf weitere verschleierte Umstände).

Theoretisch kann es auch einen merkantilen Mehr-Wert geben (wenn z.B. ein Filmstar im Haus gewohnt hat ...)

 

 

Sachwertverfahren

 

 

 

 

Im wesentlichen Beurteilung technischer Merkmale. Summe von Bodenwert und Wert der baul. Anlagen (Gebäude, Betriebseinrichtungen, Außenanlagen etc.) sowie Wert sonstiger Anlagen

 

 

Ertragswertverfahren

 

 

 

Im wesentlichen Summe von Bodenwert und Ertagswert der baulichen Anlagen

 

 

Auswahl des Wertermittlungs-

verfahrens

 

 

 

 

 

Einfamilienhäuser und Villen sind DIE typischen Sachwertobjekte. Hier steht nicht die Rendite im Vordergrund. Geschäftshäuser, Tiefgaragen, Bürogebäude, d.h. überwiegend zur Vermietung erstellte Objekte, sind typische Ertragswertobjekte. Gewerbeobjekte, die (meist im ländlichen Raum) in der überwiegenden Anzahl für den eigenen Betrieb errichtet werden, sind ebenfalls - allerdings atypische - Sachwertobjekte

 

 

Wohnrecht, Nießbrauchsrecht

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Wohnrecht (wie der Name sagt) berechtigt die Person nur zum Wohnen. Beim Nießbrauchsrecht hat der Berechtigte die freie Wahl, ob er selbst die Räumlichkeiten bewohnt / nutzt, oder ob er sie an Fremde vermietet oder verpachtet und daraus Einnahmen schöpft (sog. Fruchtziehung). Im Grundbuch eingetragene Nießbrauchsrechte beeinflussen und dämpfen den Verkehrswert einer Immobilie daher naturgemäß stärker als Wohnrechte.

 

Mit der Gewährung von Wohn- oder Nießbrauchsrechten zu Gunsten des Erblassers, lassen sich bei der Vererbung oder bei der Überlassung von Immobilien die Verkehrswerte und die jeweils im Jahr des Eintritts zu versteuernden Werte regulieren ...

(hierzu einen guten Steuerberater fragen)

 

Hinweis: treffen Sie beim Wohnrecht eine Vereinbarung für den Fall eines dauerhaften Ausübungshindernisses des Wohnrechts, damit es (z.B. vom Sozialamt, bei Pflegebedürftigkeit des Erblassers) nicht u.U. in eine Zahlungspflicht der Erben umgedeutet werden kann ...

(hierzu einen guten Rechtsanwalt fragen)

 

Siehe auch die Rubrik: Immobilien auf die nächste Generation übertragen

 

 

Sie sehen: nicht nur der Sachverständige hat an einiges zu denken.

Fortsetzung folgt ...